Tag Archives: Kevin Großkreutz

Do Brasil

15 Jun

Hat nicht lange vorgehalten, mein Vorsatz, wieder fleißig zu bloggen. Woll? Aber ich war kürzlich auch im Urlaub oder zumindest habe ich eine Reise gemacht und nicht gearbeitet. Und in dieser Zeit hätte ich selbstverständlich umso mehr bloggen können, war aber umso leerer und lustloser.

Zur Weltmeisterschaft allerdings möchte ich Nationalmannschaftsmuffel trotz allem ein wenig mitplaudern. Wirklich nur ganz wenig, versprochen. Ich empfehle für dieses Turnier die tägliche Lektüre vom Blonden Engel – abgesehen natürlich von den Analysen auf spielverlagerung. Und schaut auch immer mal wieder bei Felix Bartels vorbei.
Von mir zunächst mal die Antworten auf die Fragen des Libero:

Mein erstes bewusstes WM-Erlebnis war?
Meine ersten WM-Bildchen habe ich 1982 gesammelt. Ich kann mich daran nicht erinnern, aber die hingen bei meiner Großmutter in den späteren Jahren immernoch im Badezimmer rum. 1986 hab ich die WM wohl teilweise verfolgt, aber auch daran hab ich keine bleibenden Erinnerungen. Ganz anders dagegen die WM 1990, die war ein Erlebnis und zwar vom Eröffnungsspiel bis zum Finale. Ich war schon damals ganz traurig über das Ausscheiden der USA nach der Vorrunde. Und die Exzesse der Fans nach dem Finalsieg – von wegen das gibt es erst seit 2006 – haben mich wohl auch etwas traumatisiert, da ich seitdem nach jeder Niederlage der DFB-Elf ein wenig erleichtert bin. Und doch hat die WM 1990 mich umgehauen. Die Lieder von damals „Go get the Cup“ und „Un Estate Italiana“ kann ich heute noch auswendig. Von den Spielkommentierungen ganz zu schweigen.

Mit welcher WM-Legende würde ich gern einmal Doppelpass spielen?
Diego Maradona. Dann würde ich ihm auch erklären, dass er nicht alle Tassen im Schrank hat.

Welchem TV-Kommentator werde ich bei der WM gerne zuhören?
Keinem. Ich will Netzer zurück.

Die Iren haben sich für die WM am Zuckerhut leider nicht qualifiziert. Welchem weiteren Land drücke ich neben Jogis Jungs als »Zweitteam« die Daumen?

Italien (also hinter den USA)

Zu Jogis Jungs: Meine beiden Lieblingskicker aus dem deutschen Kader sind?
Erstens das größte Arschloch im Team: Mario Götze. Dem könnte ich ewig beim Spielen zuschauen. Zweitens einer von uns: Kevin Großkreutz natürlich.

Wie weit kommen Jogis Jungs?
Die kommen wohl ins Finale. Ob sie das dann gewinnen, will ich nicht prognostizieren. Aber es geht garantiert übers Halbfinale hinaus.

Endspiel – mein 25. Mai in North Carolina

27 Mai

Ich saß einige Minuten leicht benommen in meinem Sessel. Hatte den Gedanken, zum Smartphone zu greifen, und über twitter unserem Gegner, dem FC Bayern München zu gratulieren. Doch irgendwie fehlte mir dazu die Kraft, ich war gelähmt. Und entgegen meiner Ankündigung in der BVB-Bloggerschau zum Champions League Finale, um 22.30 Uhr deutscher Zeit als erstes ein weiteres Bier zu öffnen, dauerte es mehr als eine halbe Stunde nach Abpfiff bis ich mich mit einer weiteren Flasche Beck’s auf den Balkon setzte und leicht betrübt aufs Wasser schaute.

Dabei hatte mal wieder alles mit Streß begonnen. Kennt ihr eine Fußball-Kneipe, die das Champions League finale nicht zeigt? Nein? Also wer im Netz nach „soccer bars“ in North Carolina sucht, findet das Dubliner in Wilmington, ein Irish Pub. Mein Dad rief dort in der vergangenen Woche und fragte, ob sie das große finale zwischen Borussia Dortmund und Bayern München zeigen würden, man antwortete voller Inbrunst: „It will definitely be on.“  Ich den ganzen Morgen schon nervlich zu Fuß, erledigten wir also Samstagmittag ein paar Einkäufe in Wilmington und kamen in dem Irish Pub dort kurz vor 14 Uhr, also etwa 50 Minuten vor Anpfiff an. Ich hatte mich darauf eingestellt, dass hier einige Fußball-Fans schon zusammengekommen seien. Immerhin kannte ich doch einige Fans des FC Liverpool noch aus Raleigh, die in ihrer Stammkneipe stets Premiere und Europa League verfolgten. In einem Irish Pub kämen sicher haufenweise ähnlicher Gestalten zusammen. Weit gefehlt: Im „Dubliner“ sah ich einige Männer und Frauen 70+, die ihre Gitarre mitgebracht hatten und offenkundig vor hatten, den Nachmittag über zu musizieren. Auf der Toilette funktionierte das Wasser nicht. Und auf dem nicht besonders großen Bildschirm lief Rugby. Was denn mit dem Spiel sei, fragten wir die Barkeeperin. „You’re asking me question about soccer?“ fragte die sie etwas ahnungslos. Ja, heute Nachmittag würde die Band spielen. Der Inhaber zeichne solche Spiele normalerweise auf und zeige sie dann, wenn es im Pub ruhig sei. Aha. Vom Bier ein Viertel getrunken, ergriffen wir die Flucht und jagten die 31 Meilen nachhause zurück. Mein Dad brach sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen und auf die Minute schafften wir es zum heimischen Fernseher.

Und so bekam die Frau meines Vaters auf ihre alten Tage ihr erstes Fußballspiel in voller Länge zu sehen. Dante identifizierte sie als „dirty player“, Großkreutz als „very handsome“ und über Marco Reus meinte sie: „If I were a teenager, I’d have a big poster of him on my wall.“ Erstaunlicherweise erkannte sie aus welchen Gründen auch immer, daß der BVB wohl einen überragenden Trainer haben müsse, wenngleich der mal rasieren solle. „Why aren’t you screaming“ kläffte sie mich an, als Weidenfeller wiederholt stark parierte.

Mein Vater genoss das Spiel in vollen Zügen und erzählte mir den Rest des Tages immer wieder, dass mein Team einen exzellenten Auftritt gehabt habe.

Ein Resümee haben mittlerweile andere Fans mit starken Worten geliefert. Ich kann kann mich nur nochmal bei der Mannschaft für diese tolle Saison bedanken – und dafür kann ich mich gar nicht genug bedanken. Mein Dank auch nochmal an Tom, aufgrund dessen Initiative ich beim Gruppenspiel in Madrid gewesen bin. Und natürlich an Paul und Bernd, mit denen ich immer wieder im Westfalenstadion war, zum Beispiel auch beim legendären Rückspiel gegen Malaga. Eine Saison, von der ich immer erzählen werde.

Fanverarschung

10 Mär

Ein Ausgleich nach der zweiten Halbzeit wäre verdient gewesen? Ich fände eine 4:1-Niederlage gegen die blauen Scheisser nach dem gesamten Spiel eher angemessen. In der ersten Halbzeit trat die Mannschaft auf als wollte sie den Fans beide Mittelfinger zeigen und sagen: „Ihr mit eurem Getue ums Derby. Verstehen wir nicht.“ Die zweite Halbzeit lief deutlich besser, war vom Kloppschen „Vollgasfußball“ aber immernoch weit entfernt.  Borussia Dortmund verlor gestern in Gelsenhausen jedenfalls das zweite Derby der Saison, und zum zweiten Mal völlig verdient. Die Nummer Zwei im Pott sind wir.

Roman Weidenfeller bekommt von mir für seine gestrige Leistung eine 2, Mario Götze eine 2,5, die meisten anderen eine 5 oder bestenfalls 4,5. Daß Kevin Großkreutz, der vor einer Woche gegen Hannover 96 eine Glanzleistung gezeigt hatte, und für die Leistung gestern eigentlich eine 6 verdient, noch nie gegen die Blauen funktioniert hat, dafür ist er offensichtlich nicht Profi genug, hätte Klopp wissen können. Aber mit dem Totalausfall allein ist die gestrige erste Halbzeit nicht zu erklären. Ich habe es auch immernoch nicht so ganz verstanden. War die Niederlage gegen den HSV noch mit Pech halbwegs zu erklären, und die Pokal-Niederlage gegen Bayern mit zuviel Respekt vor einem Gegner, der in dem Fall überragend war, kommt für gestern eigentlich nur die Einstellung einiger Spieler als Hauptursache in Betracht.  Vor einem Jahr war die Mannschaft imstande, innerhalb von einer Woche gegen Wolfsburg und Bayern zu gewinnen, und einen Rückstand gegen Schalke zu drehen. Deshalb kann ich mir auch nicht so ganz erklären, warum sie sich jetzt vier Tage nach einem Sieg in der Champions League im Bundesliga-Alltag so schwer tun. Hätten sie wirklich zu wenig Leistungsbereitschaft und „Power of Will“, müßten wir das über einen längeren Zeitlauf erkennen können, und die meisten Punkte in dieser Saison wurden eben doch sehr unglücklich verloren. Aber es bleibt dabei: Dem Großteil der Spieler war die Wichtigkeit des Derbys für die Fans gestern egal. Und wenn Schmelle sich bei den Fans entschuldigen will, ändert das auch nichts an dem Umstand, daß die Blauen mit uns um die Champions League-Quali konkurrieren und sehr wohl am Ende der Saison noch vor Schwarz-Gelb landen könnten. Mag sein, dass wir gegen Freiburg wieder einen schön anzusehenden Sieg erleben, aber es gibt einige Probleme, die vorerst bestehen bleiben, und darüber dürfen auch die nächsten Siege nicht hinwegtäuschen. Dazu gehört wohl auch die Breite des Kaders.

Mit 46 Punkten nach 25 Spieltagen auf Platz 2 zu stehen , ist ein Witz. Normalerweise dürften wir maximal auf Rang 5 sein. Mir ist egal, daß die Bayern Meister werden, und inzwischen auch, daß sie unseren 81-Punkte-Rekord knacken, aber 20 Punkte Vorsprung ist lächerlich. Denn das ist nun mal nicht allein mit der Stärke der Roten zu erklären, sondern vor allem auch mit der Schwäche der anderen. Hätten die Bayern gestern Remis gespielt, hätten sie trotzdem ihren Vorsprung ausgebaut. Die Bundesliga ist im europäischen Vergleich doch angeblich so toll. Pep Guardiola jedenfalls geht nach München, weil er nach München will, und nicht, weil er die Bundesliga der Premier League vorzieht.

Das Derby zu verlieren, war früher ja fast die Norm. Dahin dürfen wir aber nicht zurück. Will Borussia den eingeschlagenen Weg weitergehen, dann gehört dazu nicht nur, sich auf Dauer im internationalen Geschäft zu halten, sondern auch die Erkenntnis, dass man noch lieber häßlichen Protestantenfußball spielt, als gegen Schlacke zu verlieren.