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Endspiel – mein 25. Mai in North Carolina

27 Mai

Ich saß einige Minuten leicht benommen in meinem Sessel. Hatte den Gedanken, zum Smartphone zu greifen, und über twitter unserem Gegner, dem FC Bayern München zu gratulieren. Doch irgendwie fehlte mir dazu die Kraft, ich war gelähmt. Und entgegen meiner Ankündigung in der BVB-Bloggerschau zum Champions League Finale, um 22.30 Uhr deutscher Zeit als erstes ein weiteres Bier zu öffnen, dauerte es mehr als eine halbe Stunde nach Abpfiff bis ich mich mit einer weiteren Flasche Beck’s auf den Balkon setzte und leicht betrübt aufs Wasser schaute.

Dabei hatte mal wieder alles mit Streß begonnen. Kennt ihr eine Fußball-Kneipe, die das Champions League finale nicht zeigt? Nein? Also wer im Netz nach „soccer bars“ in North Carolina sucht, findet das Dubliner in Wilmington, ein Irish Pub. Mein Dad rief dort in der vergangenen Woche und fragte, ob sie das große finale zwischen Borussia Dortmund und Bayern München zeigen würden, man antwortete voller Inbrunst: „It will definitely be on.“  Ich den ganzen Morgen schon nervlich zu Fuß, erledigten wir also Samstagmittag ein paar Einkäufe in Wilmington und kamen in dem Irish Pub dort kurz vor 14 Uhr, also etwa 50 Minuten vor Anpfiff an. Ich hatte mich darauf eingestellt, dass hier einige Fußball-Fans schon zusammengekommen seien. Immerhin kannte ich doch einige Fans des FC Liverpool noch aus Raleigh, die in ihrer Stammkneipe stets Premiere und Europa League verfolgten. In einem Irish Pub kämen sicher haufenweise ähnlicher Gestalten zusammen. Weit gefehlt: Im „Dubliner“ sah ich einige Männer und Frauen 70+, die ihre Gitarre mitgebracht hatten und offenkundig vor hatten, den Nachmittag über zu musizieren. Auf der Toilette funktionierte das Wasser nicht. Und auf dem nicht besonders großen Bildschirm lief Rugby. Was denn mit dem Spiel sei, fragten wir die Barkeeperin. „You’re asking me question about soccer?“ fragte die sie etwas ahnungslos. Ja, heute Nachmittag würde die Band spielen. Der Inhaber zeichne solche Spiele normalerweise auf und zeige sie dann, wenn es im Pub ruhig sei. Aha. Vom Bier ein Viertel getrunken, ergriffen wir die Flucht und jagten die 31 Meilen nachhause zurück. Mein Dad brach sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen und auf die Minute schafften wir es zum heimischen Fernseher.

Und so bekam die Frau meines Vaters auf ihre alten Tage ihr erstes Fußballspiel in voller Länge zu sehen. Dante identifizierte sie als „dirty player“, Großkreutz als „very handsome“ und über Marco Reus meinte sie: „If I were a teenager, I’d have a big poster of him on my wall.“ Erstaunlicherweise erkannte sie aus welchen Gründen auch immer, daß der BVB wohl einen überragenden Trainer haben müsse, wenngleich der mal rasieren solle. „Why aren’t you screaming“ kläffte sie mich an, als Weidenfeller wiederholt stark parierte.

Mein Vater genoss das Spiel in vollen Zügen und erzählte mir den Rest des Tages immer wieder, dass mein Team einen exzellenten Auftritt gehabt habe.

Ein Resümee haben mittlerweile andere Fans mit starken Worten geliefert. Ich kann kann mich nur nochmal bei der Mannschaft für diese tolle Saison bedanken – und dafür kann ich mich gar nicht genug bedanken. Mein Dank auch nochmal an Tom, aufgrund dessen Initiative ich beim Gruppenspiel in Madrid gewesen bin. Und natürlich an Paul und Bernd, mit denen ich immer wieder im Westfalenstadion war, zum Beispiel auch beim legendären Rückspiel gegen Malaga. Eine Saison, von der ich immer erzählen werde.

Fanverarschung

10 Mär

Ein Ausgleich nach der zweiten Halbzeit wäre verdient gewesen? Ich fände eine 4:1-Niederlage gegen die blauen Scheisser nach dem gesamten Spiel eher angemessen. In der ersten Halbzeit trat die Mannschaft auf als wollte sie den Fans beide Mittelfinger zeigen und sagen: „Ihr mit eurem Getue ums Derby. Verstehen wir nicht.“ Die zweite Halbzeit lief deutlich besser, war vom Kloppschen „Vollgasfußball“ aber immernoch weit entfernt.  Borussia Dortmund verlor gestern in Gelsenhausen jedenfalls das zweite Derby der Saison, und zum zweiten Mal völlig verdient. Die Nummer Zwei im Pott sind wir.

Roman Weidenfeller bekommt von mir für seine gestrige Leistung eine 2, Mario Götze eine 2,5, die meisten anderen eine 5 oder bestenfalls 4,5. Daß Kevin Großkreutz, der vor einer Woche gegen Hannover 96 eine Glanzleistung gezeigt hatte, und für die Leistung gestern eigentlich eine 6 verdient, noch nie gegen die Blauen funktioniert hat, dafür ist er offensichtlich nicht Profi genug, hätte Klopp wissen können. Aber mit dem Totalausfall allein ist die gestrige erste Halbzeit nicht zu erklären. Ich habe es auch immernoch nicht so ganz verstanden. War die Niederlage gegen den HSV noch mit Pech halbwegs zu erklären, und die Pokal-Niederlage gegen Bayern mit zuviel Respekt vor einem Gegner, der in dem Fall überragend war, kommt für gestern eigentlich nur die Einstellung einiger Spieler als Hauptursache in Betracht.  Vor einem Jahr war die Mannschaft imstande, innerhalb von einer Woche gegen Wolfsburg und Bayern zu gewinnen, und einen Rückstand gegen Schalke zu drehen. Deshalb kann ich mir auch nicht so ganz erklären, warum sie sich jetzt vier Tage nach einem Sieg in der Champions League im Bundesliga-Alltag so schwer tun. Hätten sie wirklich zu wenig Leistungsbereitschaft und „Power of Will“, müßten wir das über einen längeren Zeitlauf erkennen können, und die meisten Punkte in dieser Saison wurden eben doch sehr unglücklich verloren. Aber es bleibt dabei: Dem Großteil der Spieler war die Wichtigkeit des Derbys für die Fans gestern egal. Und wenn Schmelle sich bei den Fans entschuldigen will, ändert das auch nichts an dem Umstand, daß die Blauen mit uns um die Champions League-Quali konkurrieren und sehr wohl am Ende der Saison noch vor Schwarz-Gelb landen könnten. Mag sein, dass wir gegen Freiburg wieder einen schön anzusehenden Sieg erleben, aber es gibt einige Probleme, die vorerst bestehen bleiben, und darüber dürfen auch die nächsten Siege nicht hinwegtäuschen. Dazu gehört wohl auch die Breite des Kaders.

Mit 46 Punkten nach 25 Spieltagen auf Platz 2 zu stehen , ist ein Witz. Normalerweise dürften wir maximal auf Rang 5 sein. Mir ist egal, daß die Bayern Meister werden, und inzwischen auch, daß sie unseren 81-Punkte-Rekord knacken, aber 20 Punkte Vorsprung ist lächerlich. Denn das ist nun mal nicht allein mit der Stärke der Roten zu erklären, sondern vor allem auch mit der Schwäche der anderen. Hätten die Bayern gestern Remis gespielt, hätten sie trotzdem ihren Vorsprung ausgebaut. Die Bundesliga ist im europäischen Vergleich doch angeblich so toll. Pep Guardiola jedenfalls geht nach München, weil er nach München will, und nicht, weil er die Bundesliga der Premier League vorzieht.

Das Derby zu verlieren, war früher ja fast die Norm. Dahin dürfen wir aber nicht zurück. Will Borussia den eingeschlagenen Weg weitergehen, dann gehört dazu nicht nur, sich auf Dauer im internationalen Geschäft zu halten, sondern auch die Erkenntnis, dass man noch lieber häßlichen Protestantenfußball spielt, als gegen Schlacke zu verlieren.

Ich war nicht dabei

4 Nov

Das zerfraß meine Nerven, diese permanente Rückschau auf den dreißigsten März Zweitausendzwölf. Herr Klopp, welche Erinnerungen haben Sie? Haben Sie mit Stuttgart nicht noch eine Rechnung offen? Der lachte, grummelte, ja sauer sei er auf Stuttgart heute schon gewesen, deren Busfahrer sei am Stadion zu weit vor gefahren.

An das 4:4, das historische, erinnert zu werden, tat und tut weniger weh, weil der Spielverlauf mir einen Herzinfarkt bescherte. Und ich das Spiel seitdem mir nie wieder habe in voller Länge antun können. Die Erinnerung tut weh, weil – eigentlich dürfte ich das niemandem erzählen – weil ich damals Karten für dieses Spiel hatte und nicht da war. Nicht bei diesem Spiel im Stadion saß oder stand.

Insofern konnten sie mich mal alle mit ihrem das-Spiel-in-der-letzten-Saison-und-geht-der-Wahnsinn-weiter-Gelaber. Sondern verfolgte eine Partie, die für eine BVB-VfB-Begegnung typisch war. Über das Dramaspiel wird ganz das 1:1 vor einem Jahr in Stuttgart vergessen, das nicht weniger Intensität besaß. Es war ein interessantes und insgesamt gutes Spiel, das wieder mal – mit einem diesmal torlosen – Remis änderte. „Chancentodmund“ ließ den Fan gestern verzweifeln. Sicher, wir spielen – man könnte fast sagen „endlich“ – wieder eine normale Saison. Aber vier Siege, vier Unentschieden, zwei Niederlagen, 16 von 30 möglichen Punkten sind dann doch ein bißchen wenig, wenn das Saisonziel CL-Quali heißt. Der verregnete Samstag endete mit dem Vorstand im ZDF-Sportstudio, wo er sich Berichten zufolge an der Torwand als Edeltechniker präsentiert haben soll. Ich habe es nicht gesehen. Hatte Aki Watzke in den letzten Wochen nicht schon genug Auftritte?

Doch soll die schlechte Laune nicht Überhand nehmen. Möge die Vorfreude auf Madrid dominieren. Will nicht an Vergangenes denken.

Kloppkritik

1 Sept

Ich weiß nicht, wieviele Interviews mit Jürgen Klopp täglich erscheinen. Heute sah ich ein kurzes mit ihm zum Thema Effzeh und Kevin Pezzoni. Er wisse nicht genug darüber, aber er glaube nicht, daß Kevin den Vertrag hatte auflösen wollen, das habe eher der Verein gewollt. Kloppo, wenn du nicht genug darüber weißt, solltest du sowas nicht sagen.

Aber ich will eigentlich was zu den ersten beiden Spieltagen sagen. Fange ich mal mit unserem Unentschieden gegen den Clubb an. Es war ein ideenloses Spiel mit einem Weidenfeller, der neben sich stand, einem wütenden und leicht hilflosen Schmelle, einem Gündogan, der ähnlich viele Fehler machte wie im ersten Spiel. Dann war da unser Superstar, der neuerdings immer von der Bank aus kommt. War ansehnlich. Also ich meine sein Spiel, er selbst ist das ja sowieso. Reus blieb unter seinen Möglichkeiten, lieferte aber eine okaye Leistung. Lewandowski fand irgendwie nicht so richtig statt. Schieber, der für Reus kam, gelang ein sehr schöner Torschuß, war aber sonst auch nicht wirklich im Spiel. Insgesamt machen mir die Aufbaufehler im Hinblick auf die nächsten Wochen Sorgen. Nach der Länderspielpause wird die Manschaft mit Sicherheit nicht besser eingespielt sein, als heute.  Und dann sind englische Wochen. Jaja, ich weiß, 30 Spiele ungeschlagen, saisonübergreifend und bester Saisonstart seit 2008. Ich bin mit den vier Punkten auch sehr zufrieden, ich mache mir lediglich Sorgen.

Nochmal zu Klopp. Der Schiedsrichter wars. Der ist für die Nie…äh für das Remis verantwortlich. Ich weiß, Kloppo kann nicht nicht gewinnen. „Er ist ja noch jung.“ Kann es sein, dass wir uns von der Realität doch etwas entfernen?

Klopp und Zorc verlängern bis 2016

30 Jan

Solche Nachrichten versüßen einem den Montag. Da kann noch soviel Streß sein, wenn du so eine Nachricht mitbekommst, macht der Wochenbeginn richtig Laune. Heute mittag verkündete unsere Borussia via Facebook, daß Meistertrainer Jürgen Klopp und Sportdirektor Michael Zorc ihre Verträge bis 2016 verlängern. Susi Zorc, seit 31 Jahren beim BVB, ist – korrigiert mich, wenn ich falsch liege – bereits der dienstälteste Sportdirektor der Liga. Er ist eine ganz wichtige Säule des BVB und für ihn selbst ist der Verein vermutlich das Leben. Kloppo, der uns 2008 aus dem Tief in zwei Jahren nach ganz oben gezogen hat, verkündete erst noch vor drei Wochen, daß er Aki Watzke nicht die Tür zuschlagen würde, wenn er ihn zu Gesprächen um eine vorzeitige Vertragsverlängerung bitten würde. Es gab also bereits andeutungen, aber wer hätte gedacht, daß es so schnell gehen würde. Das hatte ich genauso gehofft wie beim Transfer von Marco Reus, bin aber in diesem Fall genauso überrascht wie in jenem.

Jürgen Klopp ist ein Popstar, der landesweit so populär ist, daß er einem schon wieder suspekt sein müßte.  Was ihn populär macht sind seine Sprüche, sein professioneller Umgang mit den Medien. Okay könnte man sagen: Immer nur Sprüche, ist das nicht ein bißchen wenig? Und uns wenig Wohlgesonnene, also Bayern- und S04-Fans vor allem, würden längst schon einwenden: Klopps internationale Bilanz ist doch katastrophal. Nein, katastrophal ist sie eben nicht, so kann sie auch überhaupt nur einem erscheinen, wenn man eben doch ganz genau weiß, was für ein erfolgreicher Trainer er ist. Und auch sein Popstar-Image verdeckt sein Trainer-Genie. Aber wem erzähl ich das? Möge Jürgen Klopp unser Sir Alex werden.

„Das war wie Rallye Dakar“

13 Jan

Auch wenn ihr das alle schon gelesen habt:

In meiner persönlichen Liste der Top-5-Spiele als Trainer des BVB ist Düsseldorf ganz vorn dabei. Das war wie Rallye Dakar, dein Beifahrer hat die Grippe, du fährst allein, und da fällt dir auch noch ein Rad ab, du hast keinen Sprit mehr und kommst trotzdem ins Ziel. Das genau ist uns an dem Tag passiert. So klar auf das Ziel fokussiert waren wir ganz selten zuvor. Es war sensationell!

Jürgen Klopp